Alte Bräuche wie das Handfasting, heidnische Verlobung, spirituelle Hochzeit und andere heidnische Hochzeitsrituale – wie stellt man das an, wenn man es selbst machen will?
Sich auf die alte Art zu verloben kann auf verschiedene Weise vollzogen werden. Der erste Schritt hierfür ist das Hinterfragen der beiderseitigen Bereitschaft für diesen Bund (oder besser gesagt: für diese Probezeit). Eine Verlobung ist ein Eheversprechen und besitzt den rechtlichen Stand einer “eheähnlichen Gemeinschaft” – wie man heutzutage sagen würde. Wenn man sich nicht sicher ist, ob man diese förmliche Bekundung abzugeben bereit ist, dann sollte man damit noch warten. Man kann schließlich auch ohne Verlobung und ohne dieses Bekenntnis zusammenleben und schöne Tage (und Nächte!) miteinander verbringen.
Weiß man wirklich woran man beim anderen ist? Kann man sich auch dann auf ihn verlassen, wenn gerade mal nicht die Sonne scheint?
Eine formale Bindung ist eine Sache, die gut überlegt sein will, denn schließlich verspricht man mit einer Verlobung die spätere Ehe. Mit der Bekanntgabe der Verlobung starten sozusagen die Vorbereitungen zur Hochzeit. Hier muß jedoch erwähnt werden, daß andere Klans oder Volksstämme eine Verlobung als eine Art Probezeit verstanden und betrachtet haben. Eine Probezeit, die für einen bestimmten Zeitraum (z. B. 1 Jahr + 1 Tag) festgelegt wurde. Die Bräuche und Betrachtungsweisen sind hier durchaus verschieden. Es gab kein einheitliches Gesetz im heutigen Sinn, welches diese Dinge allgemeingültig festlegte – das war von Region zu Region und von Klan zu Klan oftmals verschieden.
Der zweite Schritt, um eine Verlobung zu vollziehen, ist das gemeinsame Opfer der Brautleute an die Göttin, an die jeweiligen Familiengötter (Laren) und an sonstige Naturwesen und Tiere (Totemtiere), die man entsprechend günstig stimmen möchte und um Glück und Zustimmung für die Gefährtenschaft bittet.
Eine solche Zeremonie könnte zum Beispiel so aussehen: Die Brautleute bringen an einen nahegelegenen Fluß oder See ein kleines Opfer. Das können z. B. 3 Münzen (bevorzugt: echte Kupfermünzen, echte Silbermünzen) sein oder 3 einheimische frische Früchte aus dem eigenen Garten oder aus dem Gemüseladen. Achtung: Wer Früchte irgendwo stiehlt oder in der Natur raubt, der opfert Dinge, die ihm nicht gehören. Ein solches Opfer ist eine Beleidigung für denjenigen, der es annehmen soll. Wie würdet Ihr Euch fühlen, wenn man Euch Diebesgut schenken möchte? In unserem Beispiel opfern die Brautleute an einem kleinen Waldsee zum Vollmond 3 Mohrrüben und 3 Äpfel. Danach waschen sich beide Brautleute gemeinsam am Fluß oder wenn das Wetter es erlaubt: sie nehmen ein gemeinsames Bad, welches als spirituelle Reinigungszeremonie dient.
Nach dieser Reinigungszeremonie spazieren die Beiden durch den Wald und versuchen die Fährten und Spuren ihrer Totemtiere (falls das Totemtier unbekannt sein sollte, wählt man einfach sein Lieblingstier) zu finden und opfert vom Lieblingsessen des Tieres. Wer Fleisch opfern will, der kauft dieses ebenfalls (roh und unbehandelt) im Markt und nimmt nicht irgendeinem Federvieh das Leben, denn dieses Leben gehört ihm nicht. Man kann nur opfern, was einem selbst gehört und nicht, was man irgendwo geraubt hat. Wer Milch, Eier oder einheimische Früchte opfert, die er käuflich erworben hat, der ist immer auf der richtigen Seite.
Wenn dies erledigt ist, zollt man Frau Erde, der Göttin und den Laren (Haus- und Familiengöttern) seinen Tribut (man kann sofern man möchte auch den Naturwesen opfern). Den Familiengöttern wird vornehmlich auf dem eigenen Grundstück oder an einem Kreuzweg (Kreuzung) in der Nähe der Behausung geopfert. Steht dort ein Baum oder Busch? 3 Haselnüsse, Walnüsse o. ä. für die Laren dort hinterlegt. „Ich opfere meinen Schutzgeistern und Familiengöttern, damit sie mir beistehen und mich beschützen!“
Als wichtigster Akt einer heidnischen Verlobung ist jedoch der gemeinsame Sprung über das Wintersonnenwendfeuer zu nennen. Der gemeinsame Sprung ist bereits gleichbedeutend mit einem beiderseitigen Heiratsversprechen und beschließt und verkündet die Verlobung. Da traditionell an einem solchen Feuer die gesamte Öffentlichkeit (Dorfgemeinschaft, Familie, Sippe) teilgenommen hat, war auch die entsprechende Rechtsgültigkeit des Versprechens gegeben und konnte sogar vor dem Thing eingefordert werden. Man sollte sich also den gemeinsamen Sprung gut überlegen und ihn nur in tatsächlich ernsthafter Absicht begehen.
Springt man von Ost nach West über das Feuer, bedeutet das, daß man das ganze übrige Leben miteinander verbringen will. Das ist die übliche Sprungrichtung für zwei Liebende, die sich miteinander die Ehe versprechen. Springt man jedoch von West nach Ost über das Feuer, dann bedeutet das, daß man auch im nächsten Leben zusammensein möchte. Ein solcher Sprung von West nach Ost über das Wintersonnenwendfeuer ist daher Paaren vorbehalten, die bereits eine lange Zeit verheiratet sind und sozusagen mindestens silberne oder goldene Hochzeit gefeiert haben. Die Sprungrichtung von Nord nach Süd hat keine besondere Bedeutung. Sie wurde gelegentlich angewendet, wenn man damit anzeigen wollte, daß die Hochzeit bereits zur Sommersonnenwende (also in genau einem halben Jahr) stattfinden wird. Ebenso hat die Sprungrichtung von Süd nach Nord hat keine weitere Bedeutung. Es wurde gelegentlich so herum durchgeführt, wenn die Verlobung (untypisch) zur Sommersonnenwende stattfand und man anzeigen wollte, daß die Hochzeit im Winter stattfinden wird, was aber – wie bereits erwähnt – eher unüblich gewesen ist.
Wie ein solcher gemeinsamer Sprung übers Sonnenwendfeuer aussehen kann, ist in dem nachfolgenden Video kurz dargestellt.